Mittwoch, 20. Januar 2010

Molger rockt die Küche

Da in der Küche nicht allzu viel Platz zur Verfügung stand, entschlossen F. und A. sich, den Tiefkühlschrank für J.s Futter dauerhaft auf den normalen Kühlschrank zu stapeln. Nach etwas Eingewöhnungszeit kam einem der Anblick auch gar nicht mehr so unstimmig vor. Neben den beiden Kühlgeräten war nun jedoch noch etwas Grundfläche vorhanden, weswegen der Entschluß gefaßt wurde, ein Regal ins Eck zu stellen. Nach gründlichem Suchen fand man das passende Modell bei Ikea. Es hieß Molger und paßte aufgrund seines Namens ganz ausgezeichnet in die Familie. Auch A. wurde von ihren Eltern mit einer Bezeichnung versehen, die durch Austausch nur eines Buchstabens ins Alltägliche abrutscht: Ersetzt man das D durch ein L, erhält man 'Alina', ein von Millionen durchschnittlicher Menschen duldsam ertragener Name. A. aber heißt besonders. Mit ihrer Schwester N. verfuhr man ähnlich. Unzählige Leute heißen Doreen, wenigen Eltern hingegen kam der frohe Einfall, das initiale D durch ein N zu ersetzen. So schneidert man aus grauem Einheitsbrei bunte Innovation. Die Leute bei Ikea dachten wohl Vergleichbares, als sie Holger links liegen ließen und ihr Regal stattdessen Molger nannten. Molger trägt kleidsam Konserven und Produkte aus Hartweizengrieß, stemmt täglich gar das Gewicht der Mikrowelle. Wäre dies auch unter dem Namen Holger möglich? Sicher, aber mit weitaus weniger Charme.

Montag, 18. Januar 2010

Wenn ick an den Rückweg denke...!

Seit nach S. umgezogen wurde, muß J. immer entsetzlich früh aufstehen! Sieben Uhr klingelt das Weckgerät und A. schleift sie eine halbe Stunde um den Block. Danach gibt es Frühstück und der arme Hund bettet sich wieder für ein paar Stunden. Zu lange kann man aber nicht in der Einsamkeit verharren, drum hat J. einen neuen Gassimenschen, den Harald. Harald ist groß, trägt enorm viele dunkle Haare auf dem Kopfe und spricht - weil er ein Mann ist - mit tiefer Stimme. Trotz vorherigem Testgassi in Begleitung von F. und A. fand J. das deshalb nicht so prickelnd, als der Neue am Montag plötzlich in der Tür stand. Angebellt wurde er! Hernach ließ sie sich aber dennoch das Halsband anziehen und stieg in sein Auto, schließlich roch er ziemlich interessant nach Hund und versprach Entertainment, während es allein zuhaus total öde war. In Haralds Kutsche wartet unter Anderen auch Tammy, eine lebhafte Beagledame, mit der man nach Herzenslust durch Wald und Feld rasen kann. Kurz bevor F. und A. vom Seminar heimkehren, wirft der Gassimann J. wieder in die Wohnung und verabreicht ihr den bereitgelegten Kausnack. Sie ist dann sehr müde und muß sich erstmal ausruhen, bis F. sich abends nochmal mit ihr im neuen Viertel anständig verläuft.
Das passiert nämlich öfters. F. schaut vor dem Gassi auf die Karte, um den Weg bis zum gewünschten Ort abzuspeichern, ist aber zu faul, selbige mitzuschleppen. Irgendwo biegt sie dann falsch ab - genug Seitengässchen dafür gibt es ja - und ist statt 45 Minuten glatte 75 unterwegs. J. stört das nicht so, F. lernt die Gegend kennen. Immerhin hockt sie sonst den lieben langen Tag in einem Gebäude mit gut 400 anderen Lehrern (beängstigender Gedanke, oder?), da leistet ein straffes Umherirren bei starkem Schneefall nach 20 Uhr Körper und Geist sicher nützliche Dienste.

Samstag, 16. Januar 2010

Waidmanns Heil!


Da saß man mit 330 anderen potentiellen Beamten in einem Saale. Jeder Einzelne wurde namentlich aufgerufen und bekam eine Urkunde überreicht. Danach hoben alle die rechte Hand und schworen bei Gott feierlich auf das Grundgesetz und die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Unter den Eid kam eine Unterschrift - plauz-pardauz, schon war man auf Widerruf verbeamtet. Weder klärten die anwesenden Oberstudienräte einen vorher über die Arbeitsmodalitäten auf, noch hatte man Informationen über Urlaub, Gehalt oder Ablauf des Dienstes; kein Arbeitsvertrag mit Rechten, an den die dünnen Hände sich klammern konnten. Verwundert nahm F. auf, daß das Land Baden-Württemberg es anscheinend nicht für nötig hielt, seinen zukünftigen Bediensteten zu erklären, worauf sie sich da einließen. Donnerstags entmystifizierte ein freundlicher Mensch das Rätsel: Beamte haben keinen Arbeitsvertrag, weil alle Dinge, die ihren Dienst betreffen, im Landes- bzw. Bundesgesetz stehen. Ob Besoldung, Urlaub, Ruhegehalt (die Beamtenversion der Rente, klingt viel entspannter, nicht wahr) oder Haftungsrisiken, Sämtliches ist gesetzlich festgelegt und offiziell von jedem einzusehen. Dort erfuhr F. auch, daß ihre Besoldungsgruppe AW A13 hieß und sie später nach A13 hopsen würde. Ebenso wurde noch einmal in Länge und Breite erläutert, wie unglaublich groß der Verantwortungsbereich eines Lehrers sei, ein wenig mulmig konnte einem schon werden. Das Land prüft den künftigen Bediensteten so richtig auf Herz und Nieren, bis er sich 'Beamter auf Lebenszeit' nennen darf. Nach fünf bis sechs Jahren Studium mit erstem Staatsexamen folgen 18 Monate sogenannter Anwärterdienst, durchzogen von mehreren Prüfungen und Lehrproben. Anschließend wird man für einen Zeitraum zwischen 18 Monaten und drei Jahren Beamter auf Probe. Ist man danach noch bei bester Gesundheit und besteht die weiteren Lehrproben, stellt sich einer Verbeamtung auf Lebenszeit nichts mehr in den Weg.
Bis es soweit ist, sollte man gelernt haben, langweilig und streng zu sein, Humor abzulegen, alles besser zu wissen und mit geringem Aufwand möglichst viel Geld in Empfang zu nehmen, um dem landläufigen Bild des Durchschnittsstudienrates zu entsprechen. Das richtige Alter für derartiges Verhalten hätte F. ja dann weißgott erreicht. Mit dem Rest tut sie sich momentan noch schwer, weswegen sie auch von den Mitreferendaren mißtrauisch beäugt wird. Die finden es nämlich sehr seltsam, wenn man im Pädagogikkurs auf die Frage, warum man gern Lehrer werden möchte mit "Weil ich ein Alphatier bin und gern regieren möchte." antwortet. Die korrekte Antwort auf diese Frage lautet schließlich "Weil ich gern mit Kindern zu tun habe." oder "Weil es mir so unheimlich viel Spaß macht, mit Kindern zu arbeiten." Bezaubernd. Wenn nur jenes der Referendare Bestreben wäre, dann könnten sie ja auch schwanger werden - oder Kinderarzt. Aber nein, sie entscheiden sich für den Lehrerberuf und beäugen F. argwöhnisch, wenn diese ihre Führungsqualitäten als Hauptmotivation angibt. Sicher könnte man auch Manager werden oder Oberstleutnant, denn Soldaten und Angestellte fügen sich der eigenen Autorität wesentlich williger, als Schülerinnen und Schüler. Sucht man jedoch die Herausforderung und will es wirklich wissen, stellt auch der Lehrerberuf eine Option dar. Was heißt es schon, Panzerdivisionen gegen Zivilisten führen zu können, wenn die mächtige Gefahr des Elternabends ansteht? Da kann man während des Gespräches nämlich nicht einfach mal das MG auf den Tisch legen oder ein Kärtchen mit Anweisungen für den Fall des Feindkontaktes hervorkramen. Echter Kampfgeist ist gefragt!
Das Treffen mit ärgerlichen Eltern ähnelt dem unerwarteten Wildschweinkontakt im Wald, während der Hund dabei ist. Die Bache grunzt einen drohend an, ihre Frischlinge um sich scharrend, der eigene Vierbeiner schaut interessiert, das Herz klopft, dann handelt man plötzlich festentschlossen und die Schweinemutter geht ihres Weges. Später hat man wieder allein mit den widerborstigen Jungen zu tun, die ihrer Frau Mama in Sachen Wildheit um nichts nachstehen. Den Eber trifft man zum Glück selten, denn der sitzt im Unterholz und hat mit seinen Eicheln zu tun. Waidmanns Dank!

Sonntag, 10. Januar 2010

Draußen liegt die Welt in Fetzen, laßt uns drinnen Speck ansetzen! (Fritz Eckenga)


So sind F. und A. samt J. nun nach S. umgezogen. Alle Dinge wurden mißmutig in Kisten gepackt, unter Ächzen fünf Stockwerke nach unten getragen, paßgenau in den LKW gebastelt und bei starkem Schneetreiben 550 Kilometer durch Deutschland gekutscht. Vor Ort packte man das ganze Geraffel sogleich wieder aus, bohrte zahlreiche Löcher in Wände und staubsaugte viermal. Die Wohnung ist recht schön, doch stört die Tatsache, daß sich rundherum enorm viel Stuttgart befindet. F. fühlte sich viel wohler in einer Behausung, die von allen Seiten mit Dresden oder zumindest Sachsen umgeben war. Nun jedoch heißt es Baden-Württemberg er- und überleben. Beim zufälligen Mitanhören von Gesprächen in der Öffentlichkeit stellt sich F. jetzt regelmäßig die Frage: "Ist das ein Dialekt oder ein Akzent?" Spricht der beleibte, bildungsferne Bürger in der Schlange des Hornbachmarktes eine exotische Fremdsprache oder doch nur dialektal stark entstelltes Deutsch? Muß man wirklich alle fünf Vokale und drei Umlaute der deutschen Sprache in die Artikulation des Ausdruckes 'Einsneunundneunzig' quetschen? Geht das nicht auch klarer? Anscheinend nicht.
Als F.s Vater in bestem Sächsisch Brötchen kaufen gehen wollte, prallten Welten aufeinander. Verständnislos blickte die Bäckereifachverkäuferin den guttural gurgelnden Mann an, der offenbar unter größten Schwierigkeiten versuchte, seine Bestellung hervorzupressen. Genauso irritiert vernahm der Sachse die seltsame Botschaft der Schwäbin und schlußendlich beschränkte man sich auf Zeichensprache. So soll es F. aber nicht ergehen. Große Mühe wird sie sich geben, durch klarer Worte Klang ihrem Anliegen eine leicht verständliche Stimme zu verleihen; aus unendlicher Langmut soll ihr Geist gemeißelt sein, wenn ihr Ohr die Äußerungen des Gegenübers in Empfang nimmt! Die Kommunikation wird beispiellos sanft dahinmäandern!
Ebenfalls sanft, dafür aber in großen Mengen fiel während der letzten Tage der Schnee. Die neuen Gassigehgebiete, allen voran der Wald rund um den Frauenkopf, wurden deswegen ganz in weiß erstbegangen. Um diesen Wald zu erreichen, muß jedes Mal ein recht langes 'Stäffele' bestiegen werden. Dabei handelt es sich um eine Art Trimm-Dich-Pfad mit etlichen zu überwindenden Höhenmetern und Treppen, die der Figur gut tun sollen.
Unglücklicherweise hat F. in den letzten drei Wochen durch Krankheit mehrere Kilogramm Gewicht eingebüßt und kann solch sportliche Einlagen gar nicht gebrauchen. So stand sie dann auch bei der ersten Treppenbegehung total unterzuckert am Abstieg und schaffte es nur mit Müh' und Not ins schützende Heim. Dem werten Leser und der werten Leserin, die an dieser Stelle schon den Zeigefinger heben und sagen wollen, daß es schrecklich nervt, wenn dünne Menschen lamentieren, daß sie nie zunehmen und Zitat "essen können, was immer sie möchten ohne anzusetzen" wird ohne Umschweife Recht gegeben. Jener schreckliche Brauch geht tatsächlich allen auf den Keks, vorallem weil er meistens von Menschen gepflegt wird, die in Wirklichkeit essen wie die Spatzen und nur vorgeben, einen tollen Stoffwechsel zu haben. Hier ist das aber ganz und gar anders. F.s Magen erweist sich nämlich als viel zu klein für all die Massen an Nahrung, die sie zu sich nehmen müßte, um das verlorene Gewicht wieder an ihrem Körper begrüßen zu dürfen. Drum ißt sie den lieben langen Tag fleißig, damit ständig verbrannt und umgesetzt werden kann. Sogar sonntags wird gegessen, was das Zeug hält. Wenn dann aber eine blöde Treppe in der wundervoll hügeligen Stuttgarter Landschaft herumsteht, darf mit gutem Gewissen Zorn aufsteigen! Schließlich zappelt F. sonst schon andauernd durch die Gegend. Stillsitzen müßte sie, tagein tagaus!
Dafür wird morgen Zeit sein, denn morgen findet die Beamtenvereidigung statt. Zehn Stunden lang wird vereidigt und dienstbesprochen. F. hofft zwar, daß nur tolle und hochinteressante Dinge behandelt werden, die Wirklichkeit sieht aber bestimmt genau andersherum aus. Ob Langeweile auch Kalorien verbrennt?

Dienstag, 5. Januar 2010

Sendepause bis 12.01.10.

...solange dauert es nämlich, bis Alice es geschafft haben wird, den Internetanschluß und das Telefon von D. nach S. zu verlegen. Elende Saubande, Dreckade! Schließlich braucht man in einer fremden Stadt kurz nach dem Umzug nichts weniger, als eine Verbindung zur Außenwelt. Wo kämen wir da hin. Auf  bald also!

Freitag, 1. Januar 2010

Lob an die Butter

Die Butter ist zweifelsfrei eines der lobenswertesten, F. möchte sogar behaupten DAS Streichfett schlechthin. Zwar fetzen sich schlanke Menschen oder solche, die es dereinst werden wollen, am Kühlregal endlos um Olivenölmargerine, Halbfettbutter, Sojakrams und cholesterinfreie Schmiere aus finsteren Chemiebuden, die Butter jedoch bleibt die stille Königin des schmackhaften Vollkornbrotes. Hinfort mit genußfernen Menschen, die mit Joghurt gestreckten Frischkäse unter die Salami kratzen oder gar in staubtrockene Schnitten bar jeder Streichschicht beißen! Die Butter gehört auf's Brot, wie eine Lage Toilettenpapier auf die Klobrille eines Raststätten-WCs. Wo das dreilagige Papier hilft, Keime vom Gesäßbereich zu trennen und so die Benutzerin und den Benutzer zwingt, beim Aufstehen am Po klebenden Zellstoff in Kauf zu nehmen, verschönert schon eine einzige Lage guter deutscher Butter den Gesamtgeschmackseindruck jeder Speise um Welten. Nebenbei haften Wurstaufschnitt und Konsorten verläßlich an der Brotoberfläche, was ganz im Gegensatz zu selbigem Effekt auf der Raststättentoilette vollkommen wünschenswert und okay ist.
Es gibt jedoch auch unter den Butterliebhabern schlimme Gesellen, die ihr Streichfett nicht gern in kaltem Zustand essen. Diese Barbaren verdammen die Butter dazu, tagelang unfrisch in der warmen Küchenluft vor sich hin zu manschen und glänzend in der Butterglocke zu lagern. Tränen stehen F. in den Augen, wenn sie an solchen Frevel auch nur zu denken wagt! Die Butter schmeckt doch viel peppiger und toller, wenn sie in dicken Scheiben direkt aus dem Kühlschrank auf's Brot gestapelt wird. Ein Schmiervorgang ist dann nur noch bei sehr stabilem Backwerk möglich, kann aber notfalls auch unterlassen werden. Man lege die mit dem Messer abgetrennten Scheibchen einfach dicht nebeneinander - einem echten Butterfreund kann diese Schicht niemals zu mächtig sein.
Im Ausland jedoch sollte man Vorsicht walten lassen beim Buttergenuß. In arger geistiger Verirrung ist es den Bürgern anderer Staaten nämlich eingefallen, Salz in ihre Butter zu mischen, statt dieses - wie hierzulande üblich - selbständig nach dem Streichvorgang aufzutragen. Ein Nutellabrot wird so zur seltsamen Geschmacksmelange aus süß und salzig - pfui! Schon Großmütter wußten doch, daß zuviel Salz dickes Blut verursacht und letzten Endes für fast alle schlimmen Krankheiten der Menschheit zur Verantwortung gezogen werden muß (was sie natürlich nicht daran hinderte, auch weiterhin ihr Essen kräftig nachzusalzen, noch bevor sie es überhaupt gekostet hatten). Wer gesalzene Butter mit Wonne verspeist, der mag wohl auch Mayonnaise und was von derartigen Menschen zu halten ist, wurde an anderer Stelle schon hinreichend erörtert.
Die reine, deutsche Butter also soll es sein. Dick aufgetragen, täglich verzehrt, lächelnd verdaut. Guten Appetit.