Donnerstag, 5. November 2009

Tote Kastraten schreien wortlos nach Feuchtigkeit UND Lipiden

Cecilia Bartolli, Mezzosopranistin, wurde in der letzten Ausgabe der Brigitte gefragt, was sie "an kastrierten, toten Männern" fasziniere. Uns allen brannte jene Frage seit Monaten auf den gelmodellierten Fingernägeln, aber gerade die Brigitte zeigte Mut und sprach sich aus, wo eben noch eisiges Schweigen herrschte, prangerte an, wo Mißstände der Leserin bisweilen drückend die Luft zum Atmen nahmen. Dabei wurde die Schwere der mißlichen Lage kastrierter, toter Männer auch rhethorisch klar strukturiert: Diese Herren sind an oberster Stelle kastriert, in zweiter Linie erst tot. Liegt hier eine Wertung vor? Möchte die Brigitte andeuten, daß es schlimmer ist, kastriert, als tot zu sein? Oder handelt es sich um eine Kausalkette; sind die Männer dramatisch verstorben, weil sie mit schmutzigem Spritzbesteck im Séparé einer feministischen Fundamentalistinnenspelunke ihrer Triebknollen beraubt wurden? Darbten sie vor Kummer monatelang dahin, um schließlich vom Leben enttäuscht und gänzlich entmannt einsam zu sterben? Es könnte natürlich auch sein, daß all dies großer Humbug ist und die Adjektive ganz zufällig in ebenjener Reihenfolge dastehen. Die Männer verstarben, man bemächtigte sich ihrer Hoden, verhökerte diese auf dem chinesischen Schwarzmarkt für Suppen und Tinkturen und hatte statt Ideologie und Quälerei in Wirklichkeit nur Taler und Moneten im Sinn.

Frau Bartolli ist das total schnuppe, was die Brigitte so den lieben langen Tag zusammenschreibt. Sie antwortet nämlich ganz lapidar, an toten, kastrierten Männern fasziniere sie "alles". Eine sehr inklusive Einstellung, wie F. findet. Kann einen wirklich 'alles' an einer Sache faszinieren? Außerordentlich positive und lebensbejahende Gesellen können das sicher. Zu denen gehört F. aber nicht. Wenn sie so richtig inklusiv denkt, dann in Verbindung mit dem Verb 'stören'. Es kann einen zum Beispiel 'alles' an einem unsympathischen Menschen stören. Man steigert sich rein, man sucht nach Unrat im Wesen der üblen Person. Ist sie nicht doch etwas zu füllig, überqualifiziert, naiv? Kämmt sie ihr Haar auf bekrittelnswerte Weise? Sind die Klamotten ständig schmutzig oder zumindest geschmacklos und ist nicht ihr Lebensabschnittegefährte eine blöde Sau? Dieses Beispiel zeigt sehr anschaulich, daß mit dem Verb 'stören' so richtig was abgehen kann. Wer sich anständig gestört fühlt, braucht keinen Broterwerb, um den eigenen Kopf auf Trab zu halten. Sich-gestört-fühlen gibt es auch im Mehrspielermodus, zu zweit oder zu mehrt als Team, um Aggressionen abzubauen gar gegeneinander - dem Stören sind keine Grenzen gesetzt. Nicht nur Menschen können stören, auch Zustände haben ordentlich Potential.

Fast jede zweite Frau über 45 neigt zum Beispiel laut Dr.Wolff unter akuter Scheidentrockenheit. Zu Recht ballen also beinahe 50% der Frauen zornig ihre Fäuste in die Lüfte und fühlen sich von zuviel Trockenheit im Schritt massiv gestört. Anders als der private Groll gehen Herrn Schulz von nebenan stellt das so erschreckend häufige Leiden der Scheidentrockenheit ein ernsthaftes Problem dar. Jeder leidet auf seine Weise. Wessen Vagina reibt, der wird sein Leben kaum zusätzlich mit unnützem Geplänkel belasten. Viel zuviel Energie kostet das Wettern über den eigenen Körper, als daß einem noch schöne Verwünschungen gegen die lästigen Mitbürger einfallen würden. Die hungernden Kinder in Afrika scheren sich schließlich auch kaum um den überhängenden Kirschbaum des Nachbarn. Natürlich auch der Tatsache wegen, daß es in Afrika total selten Vorgärten mit Kirschbäumen gibt, weil die Ziegen da zum Fressen gar nicht herankommen würden.

Den scheidentrockenen Frauen kann mittlerweile geholfen werden. Die Vagisan(R) FeuchtCreme bietet Feuchtigkeit UND pflegende Lipide und kann in der Apotheke sogar wortlos erstanden werden. Linderung naht also mit großen Schritten herbei.



"Apotheker und Apothekerinnen wissen [bei Vorlage des Coupons], dass Sie eine Packung Vagisan(R) FeuchtCreme kaufen möchten." So beschrieben soll also der intime Kauf ohne Worte funktionieren. Oh traurige Welt, in der trockene Scheiden stumm über Papierstückchen kuriert werden, weil der Mitmensch sich durch die Terminologie gestört fühlt! Wortreich sollten die Kranken an den Apothekenschalter treten können! Blitzschnell soll es wieder flutschen, damit mehr Zeit bleibt zur Pflege des Griesgrams. Nur das gut geölte Genital läßt dem Träger und der Trägerin Raum für persönlichen Ärger.

4 Kommentare:

  1. Huch! Nun darf ich endlich wieder kommentieren :-) und gerade jetzt fällt mir nix g`scheites ein :-(
    und ein Lob verkneifen sich meine Lippen, sowohl die trockenen als auch die angesalbten

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  2. Schön, daß nichts dergleichen über die labellogepflegten Lippen rutscht. Dem weiteren Fortbestehen der Kommentarfunktion steht somit nichts im Wege.

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  3. In welchem Zusammenhang steht eigentlich die Vagisan(R) FeuchtCreme mit dem allerorts beliebten feuchtfreudigen Begießen trockener Alltäglichkeiten? Erheben saufende Zeitgenossen ihr Glas auch zum Wohle und zur Besserung ihrer intimen Durststrecken?
    Hochachtungsvoll, A.

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  4. hallo f. die a. hat mich (unlängst in h. angetroffen) auf dein bloggertalent hingewiesen und obiger eintrag hat mich glatt umgehauen... und ich frag mich grad ob ich angst haben sollte mit 45 an dem männlichen pendant zu scheidentrockenheit zu leiden (was immer das sein könnte).

    ohje, so fühlt sich angst an.

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