Montag, 5. Oktober 2009

Niedriger geistiger Wasserstand übervorteilt Nichtschwimmer

"Ich möchte ja zu gern wissen, was Du gerade denkst," bekommt F. ziemlich oft zu hören. Komischerweise fragen die Leute das in den meisten Fällen genau dann, wenn gerade gähnende Denkleere in ihrem Kopf herrscht, was zugegebenermaßen viel häufiger vorkommt, als der gemeine Freund oder Bekannte ahnt. Da werden unglaublich intellektuelle oder schöpferische sowie lästernde und wertende Gedanken vermutet, während in F.s Kopf nur die abertausendste Schleife eines Klaviersolos vor sich hin dudelt. Über die Hälfte der Zeit strömen alle möglichen Eindrücke und Beobachtungen auch fast ungefiltert wie durch einen großen Trichter in sie hinein, um irgendwo zu versickern.
Zu F.s Überraschung muß sie allerdings bei genau diesem Prozeß nach irgendetwas Fragenswertem aussehen. Vor dem Spiegel kann man das freilich schlecht simulieren, denn wer sich selbst anschaut, denkt meistens auch an das Gegenüber. F. zum Beispiel wundert sich dann, wieviele Sommersprossen sie doch hat und sieht, wie eckig ihre Nase ist. Ein Klassiker des Spiegelguckens ist auch der vergebliche Versuch, sich selbst gleichzeitig in beide Augen zu schauen. Das kann gar nicht funktionieren, wird aber wie das Anlecken des eigenen Ellbogens (ebenfalls unmöglich) gern immer wieder neu probiert. Bei dieser Gelegenheit soll noch erwähnt werden, daß man ganz schlecht schlucken kann, wenn man nach oben schaut. Dies ist zwar ein unumstößlicher Fakt, wird dennoch aber gern von Zeit zu Zeit verifiziert.
Fest steht also, daß F. selbst in Zeiten großen Stresses in mindestens sechs von zehn gefragten Fällen an gar nichts denkt. Gibt sie diese Wahrheit als Antwort auf die ganz oben gestellte, indirekte Frage 'Ich möchte ja zu gern wissen, was Du gerade denkst.', glaubt der Frager das natürlich nicht. Schließlich muß man irgendwas denken, sonst wird Zeit verschwendet. Dabei ist es oft so schön mollig warm und ereignislos in F.s Kopf, daß sie später viel mehr Energie hat, wenn es wirklich zur Sache geht. Zum Beispiel wenn man grad mit heruntergelassenen Hosen am Telefon spricht, weil jenes läutete, als man sich zum Pullern anschickte und zeitgleich die Türglocke den Paketboten ankündigt, dessen Wortfetzen aufgrund der schlecht funktionierenden Gegensprechanlage kaum zu verstehen sind. Dann ist schnelles Handeln gefragt: Hose hochziehen, Gürtel zumachen, Telefonpartner elegant vertrösten, den lauthals bellenden Pflegeschäferhund an der Heizung anketten und schließlich ganz relaxt das Paket annehmen. Wer solches souverän meistern möchte, muß meditative Phasen innerer Ebbe einplanen.
Apropos Ebbe. Der Elbstand ist momentan so niedrig, daß F. am zutage kommenden steinigen Ufer besonders vieler Slipeinlagen gewahr wird. Wie die da wohl alle hinkommen? Ob die Touristinnen auf den Elbdampfern in unbeobachteten Augenblicken ihre gebrauchten Hygieneartikel über Bord werfen? Oder sommerliche Picknickerinnen und Grillbräute in großer Not auf dem abendlichen Toilettengang hinterm Busch einfach mal eine Carefree oder Always Ultra fallenlassen? Bei den Umweltsünderinnen handelt es sich laut aktueller Beobachtungen in der Regel nicht um Tangaträgerinnen, denn die speziellen Tangaslipeinlagen hat F. noch nie am Elbufer gesehen. Gesucht werden demnach Frauen mit normalen Unterhosen. Am Ende sind die Übeltäter gar nicht weiblich, sondern böswillige, männliche Wüteriche verschmutzen mutwillig die elbnahen Erholungsgebiete, um den guten Namen ahnungsloser Damen zu besudeln. Schließlich denkt ein jeder gewissenhafte Bürger beim Anblick des unsachgemäß entsorgten Menstruationsvlieses sehr vorwurfsvolle Dinge und fordert insgeheim härtere Maßnahmen sowie punktgenaues Durchgreifen. Ist ja nachvollziehbar. Würde F. sicher auch tun. So schürt der Untergrund frauenfeindliche Gedanken und vergiftet das ansonsten harmonische Miteinander von Mann und Frau. Dies darf nicht zugelassen werden! Verteidigt den süßen Geschlechterfrieden! Zermalmt die entsetzlichen Störenfriede, die bei Nacht und Nebel Slipenlagen heimlich aus kleinen Weidenkörbchen von den Dresdener Brücken segeln lassen! Zermalmt sie mit entschlossenem Herzen und erhobener Faust!

2 Kommentare:

  1. Endlich greift mal wer DIESES Thema auf, was mich täglich umgibt! Allerdings: guckt man sich die normalen Schlüpferträger mittlerer Reife auf den Elbdampfern an, so ist vollkommen klar woher die Utensilien stammen!
    Zu 1.erem: ICH fühle mich persönlich angesprochen!
    Und: das Anketten von (im besonderem) Pflegehunden an Heizkörper lässt tief blicken, ist tierschutzrelevant und ein Besorgnis erregender Fakt gegenüber der Wohnungsgenossenschaft oder des/der Untermieter!

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  2. Auch DU bist angesprochen. Mir glaubt ja immer keiner. Vielleicht sind die Ohren offener, wenn die Botschaft über's Auge eindringt. Ich vermute aber nicht, wär ja auch zu einfach.

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