Samstag, 13. Juni 2009

Deutschland riechen können

Tief im Herzen trägt ein jeder Mensch eine gewisse Affinität zum Geruch des eigenen Pupses mit sich herum. Oft unterscheidet man sogar zwischen sehr interessant riechenden Pupsen, mit denen gern unter der Bettdecke gelegen wird, und nicht so tollen Varianten, bei denen man sich fragt, was bitte der Darm sich dabei wieder gedacht hat. Aufgrund ihrer mangelnden Gesellschaftsfähigkeit bleibt die Liebe zum eigenen Pups leider weiterhin ein Tabuthema. Wo angeregt über Kinofilme und Bestseller diskutiert wird, muß das herzhafte Gespräch über gewisse Körperfunktionen verwaist in der Ecke hocken. F. bedauert dies immens! Wie viele Tiere waren und sind Menschen leidenschaftliche Riecher, Gucker, Hörer und Auswerter. Wer hat nicht schon versucht, in der privaten Gemütlichkeit der Kemenate Vokale zu rülpsen? Wenige Leute können ehrlich verneinen, unter der Dusche noch niemals mit Hand und Achselhöhle Pupsgeräusche erzeugt oder Andere zu selbigem Verhalten angeleitet zu haben. Routinemäßig werfen die meisten Neugierigen einen langen Blick in das soeben benutzte Taschentuch und der Klassiker des einsamen Forscherdaseins ist und bleibt das Schauen in die Kloschüssel nach erfolgreichem Stuhlgang. Man tut es nicht immer, aber man hat es schon mindestens einmal getan. F. redet hier nicht von Jugendsünden zehnjähriger Stuhlgänger, sondern dem Verhalten gestandener Erwachsener. Interessierte Frohnaturen schlummern in den meisten Menschen, werden aber leider zu selten Spazieren geführt. Dann redet man auf Wohnungseinweihungsfeiern entfernter Bekannter über das Wetter oder den Arbeitsmarkt. Das muß nicht so sein.
Der persönliche Touch ist es doch, der Gespräche interessant werden läßt. F. erzählt gern eigene Fehlschläge und Erlebnisse, um Bekanntschaften zu pflegen und eventuell zu Freundschaften heranzuziehen. In Montreal stößt sie dabei auf Probleme. Schon die Frage nach dem Wohnort des Kollegen scheint oft zu persönlich und wird mit einem vagen "In dem und dem Stadtteil" beantwortet. Ob G., neben dem F. seit vier Monaten täglich sitzt und tippt, interessante Hobbys hat, erfährt sie erst nach langen Verhörsitzungen. Nun könnte der gebildete Leser ausrufen: "Das ist weil der G. die F. nicht leiden kann. Die quatscht ihm zu viel, mit der möchte er lieber nichts zu tun haben." Dieser Einwand ist berechtigt, stellt sich aber unglücklicherweise als unwahr heraus. Bei drei Dutzend Kollegen in einem Raum kann es nämlich keinesfalls passieren, daß alle Anwesenden der liebreizenden Art F.s derart hartnäckig widerstehen. Nein, die Wahrheit ist viel trauriger: Auf Arbeit gibt es kein PRIVAT, weil man doch mit dem Typen nebenan in direktem Wettbewerb steht. Aus diesem Grunde hält man sich bedeckt und gibt möglichst wenig preis, um später daraus Vorteile ziehen zu können. Teamarbeit wird also eher kleingeschrieben. Geguckt, gerochen, gehört und ausgewertet wurde gestern. Daß man mal ganz dringend pullern muß, kann deswegen auch nicht vertrauensvoll an den Nachbarn weitergegeben werden.
Anders ist dies in Deutschland. Dort kennt F. sehr sympathische Menschen, bei denen man sich auch mal über den doofen Pickel im eigenen Gesicht aufregen kann, ohne verdutzte Blicke zu ernten. Hiermit drückt sie ihre Vorfreude (nicht den Pickel - davon wird der nämlich nur schlimmer) auf das Wiedersehen mit jenen kennenswerten Individuen aus! Noch 49 Tage, dann quatscht sie Euch wieder ein Geschwür ans Ohr und sorgt dafür, daß Ihr leichte Bedenken habt, sie Euren anderen Freunden vorzustellen. Haltet aus!

P.S.: Fotos zum Thema konnten im Fundus nicht ausfindig gemacht werden.

2 Kommentare:

  1. kommentatorenschreck14. Juni 2009 um 21:05

    Deine Worte schmiegen sich sehr formschön ineinander! Und das ist eine Lesewohltat.

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  2. Immer wieder und ständig neu anstrengend - wegen der Bauchschmerzen.
    Da ich keine Freunde habe, muss ich nichts befürchten. Also komm ruhig zurück :-)

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