Donnerstag, 11. Juni 2009

Das Leben ist ein zorniges Wurstbrot

Nach neun Monaten Aufenthalt in Montreal hat Dauermäklerin F. beschloßen, in einer ausgedehnten Denksitzung die positiven Aspekte Quebecs zusammenzutragen. Nach mehrtägigem Brüten fielen ihr diese Dinge ein:
  • Es gibt zahlreiche wohlschmeckende, zuckerfreie und damit zahnfreundliche Limonadesorten, z.B. zuckerfreie Litschi-, Preiselbeer-, Granatapfel-, Limetten-, Kirsch-, Erdbeer-, Trauben-, Zitronen- und Ingwerlimonade zu tollen Preisen (45 Cent pro Liter). Diese werden von den Einheimischen verschmäht, weil sie nicht dick machen.
  • Die Straßen sind in der Regel doppelt so breit wie in Deutschland, ebenso die Parkplätze. Selbst F. flutscht hier die Fünfmeterkutsche in unter zehn Zügen in jede Lücke.
  • Die Menschen räumen (fast) immer den Kot ihrer Hunde weg, in (fast) allen Parks, Naherholungsgebieten und auf sonstigen Grünflächen. Auf dem Gehweg liegt NIE Hundekacke. F.s Schuhprofil bleibt verhältnismäßig geruchsneutral.
  • Schneegarantie im Winter: mindestens drei Monate lang gibt es eine geschlossene Schneedecke.
Außerhalb Quebecs ist die Kundenfreundlichkeit in jeglichen Läden und Geschäften erstklassig. Dinge umtauschen ohne Kassenzettel? Kein Problem! Die Einkäufe werden einem eingepackt und bis zum Auto getragen, Verkäufer sind (beinahe) immer freundlich, man umwirbt den Kunden.
Soweit zur mageren Ausbeute der positiven Aspekte. Zwei studierte deutsche Menschen marterten ihre Hirne und fanden doch keine weiteren guten Punkte. Dafür aber jede Menge blöde/schlechte/nervige Seiten Quebecs:
  • Die Straßen sind zwar breit, aber entsetzlich in Stand gehalten. Auch hier scheint der arthritiskranke, einhändige Riese, der schon F.s und A.s Bad flieste, als Straßenbauarbeiter am Werk gewesen zu sein. Die Beschilderung ist extraschlecht, damit verzweifelte Einwanderer oder Touristen nie wieder den Weg zurück ins Heimatland finden und auf immerdar in Quebec bleiben müssen. Spuren enden ohne Vorwarnung, Ausfahrtshinweise werden drei Meter vor der jeweiligen Ausfahrt platziert und Entfernungsangaben kennt man kaum. Quebecer müssen keine Fahrschule machen, um den Führerschein zu bekommen, sondern nur eine Prüfung in einem selbstgewählten (!) Fahrzeug absolvieren. Die meisten wählen einen Panzer, vergessen dann später im Straßenverkehr aber, daß sie jetzt in einem normalen Kraftwagen sitzen.
  • Die (französischsprachigen) Menschen sind unfreundlich, unsozial, distanziert und feindselig. Sie mögen keine englischsprachigen Menschen (die im Lande durchaus beheimatet sind), keine Ausländer und auch keine anderen französischsprachigen Individuen. Vorallem aber mögen sie keine anderen Quebecer. Persönlicher Austausch ist unerwünscht. Der/die normale, Bekanntschaften suchende Europäer(in) fühlt sich regelmäßig wie ein(e) verrückte(r) Stalker(in), nur weil er/sie versucht, eine(n) Quebecer(in) zum Kaffee zu treffen.
  • Essen ist teuer. Zwei Liter Milch kosten fünf Dollar, ein Kilo vom billigsten Käse 25 Dollar, eine Dose Pulvercappuccino acht Dollar. Deswegen sind die Quebecer etwas weniger dick, als ihre nordamerikanischen Nachbarn und fühlen sich diesen überlegen.
  • Quebecer denken, ihre Provinz hätte einen starken europäischen Anstrich, was nicht stimmt. Gleichzeitig finden sie Europa doof. Nordamerika auch. Weil die Stadt Montreal drei U-Bahn- und zwei Dutzend Buslinien auf 1,6 Millionen Einwohner hat, denken die Leute, sie wären umweltfreundlich. Autos mit 25 Liter Verbrauch sieht man aber dennoch an jeder Ecke. Die Stadt verlassen, um in umliegende Grüngebiete zu kommen, ist ohne KFZ nicht möglich.
An dieser Stelle mußte F. aufhören nachzudenken, sonst wären ihre Halsadern armesdick angeschwollen. Zur eigenen Beruhigung ging sie eine Runde mit dem Hund spazieren und kam auf dem Weg zum Park (10km) an 26 Ampeln vorbei, die alle per Zufall willkürlich eingestellt wurden und in keinster Weise aufeinander abgestimmt waren, weswegen sie an 14 dieser Ampeln anhalten mußte. Rückzu natürlich nochmal dasselbe Spektakel. Sie nahm sich vor, auf der nächsten Fahrt in einem Anfall ungezähmter Zerstörungswut jede rote Ampel mit einer großen Säge umzusägen. Dieses Vorhaben scheiterte am Mangel an qualitativ hochwertigen Sägen. Argh.

2 Kommentare:

  1. Neustädter Straßen sind schmal UND SCHLECHT. Ausser wilde Menschen und Hunde findest du dort maximal menschliche Stinktiere. Andere wilde Stadtsäuger gibt es nicht. Du darfst ein paar einsammeln, mitbringen und hier aussetzen. Was den Hundekot betrifft:
    Schnell wurde in einer Stadtratssitzung anlässlich deiner Rückkehr und heimlich, schnell ein neues "Hundegesetz" verabschiedet! Du darfst also weniger mit sauberen Gehwegen, dafür aber mit eigens dafür eingestellten Politessen rechnen. Nicht das die den Fussweg hinter/vor dir säubern...
    Aber irgend wie abfetten tun sie was

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  2. Sehr gut! Saubermachen sollen die ja gar nicht. Aber vielleicht findet langsam ein Umdenken statt und die Hundebesitzer räumen aus Angst vor horrenden Bußgeldern endlich die Kacke ihrer Hunde weg. 1000 Euro soll es kosten, ach was 10000!!! *krawall-krawall*

    Ich kenne die Neustädter Straßen: Die sind im Vergleich zu den Pisten hier mit Seide ausgekleidete Königswege.

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