Dienstag, 5. Mai 2009

Gans versteckt.

F., A. und J. bezirzen mit ihrem Charme üblicherweise viele Menschen und überreden diese dann mittels unterbewußter Suggestionstechniken, ihnen zu Willen zu sein. Dieses Wochenende brachten sie ihre Vermieterin S. dazu, eine Einladung auf ein Wochenende in deren Landhaus auszusprechen. Es befindet sich in Tomifobia, 220km südlich von Montreal und 10 Meilen nördlich der Grenze zu Vermont. Tomifobia spricht man wie "Tomophobia" (zu dt. Tomophobie) aus, die Angst vor operativen Eingriffen. Aufgrund der geringen Dichte an ausgebildeten Medizinern in Quebec muß man in der Regel aber keine Angst vor plötzlichen operativen Überfällen haben. Es springen ziemlich selten Chirurgen in OP-Saalkleidung aus dem Gebüsch und saugen einem Fett ab oder entfernen den Blinddarm. Zum Glück, denn die OP-Kluft böte exzellente Tarnung zwischen den frischsprießenden Blättern und man wäre den finsteren Machenschaften der Mediziner hilflos ausgeliefert.
Freitags packte man also den Wagen und fuhr Samstagmorgen los, A. am Steuer, F. daneben und S. mit ihrem Macker D. auf dem Rücksitz. J. fläzte im Kofferraum. Nach drei Stunden Fahrt endete die Reise auf dem Grundstück des Hauses mitten im grünen Nirgendwo, umringt von Wiese, Bächen und Bäumen.

Das Haus besaß sogar einen Keller, war aber trotzdem zum größten Teil auf Holzstelzen gebaut. J. mußte deswegen immer untendrunter herumkriechen und ständig in Ritzen schielen, denn da wohnte offensichtlich jemand, wahrscheinlich ein Stinktier.
Hier sieht man gut, daß die Bäume allmählich grün werden, die faulen Säcke. F. tippt ermahnend auf die Datumsanzeige ihrer nichtvorhandenen Armbanduhr und ruft aus: "Das wird aber auch Zeit, wir haben Mai! Ich will endlich Pollen und meinen alljährlichen Allergieschub, sonst setzt es was!"
Im Wald gab es einige Tiere. Ein besonders wilder Gesell' betrieb Raubbau am Baumbestand und latschte dann mit den Pfoten, die er sich eben noch bei der Zerstörung der Natur moralisch besudelt hatte, durch den Flußschlamm. Vor der Kamera wollte er sich nicht zu seinem Verhalten äußern. J. sprang im Wasser herum und verschreckte regelmäßig die Schildkrötengang. Wenn man sich ganz leise anschlich (gelang F. und J. nicht), sah man sie alle nebeneinander auf dem Baum glucken. Hier saßen noch drei von sieben:
Dann blieb nur eine einzige Mutige zurück. Die Anderen ließen sich schnell rücklings ins Wasser plumpsen. Diese winzige Spitzmaus konnte leider nur noch tot geborgen werden. Bevor warnende Rufe ertönen - ja, F. weiß, daß man tote Tier nicht anfassen soll. Sie hat es aber trotzdem gemacht, weil sie schon groß ist und sowas darf. Manchmal geht sie auch bei unter 10 Grad in Übergangsjacke auf die Straße, früher hätte sie dafür von der Mutter eine Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld aufgedrückt bekommen. Jetzt geht das lockerleicht. Hier also ein kurzer Hinweis an mitlesende Kinder: Mit zunehmendem Alter ist das Anfassen toter Tiere gestattet (besonders wenn sie puschelig aussehen), da man dem Tode sowieso näher rückt und darum höhere Risiken eingehen darf. Selbiges gilt für die Übergangsjackenproblematik und das Überqueren der Straße bei rot.
Den Preis für den höchsten Unterhaltungswert des Spazierganges bekam diese kanadische Gans:
Als F. am Tümpel vorbeiging, guckten nur der Körper und ein winziges Stück des Kopfes heraus. Da das Tier sich nicht bewegte, dachte F., daß es sich wohl um einen Kadaver handeln müsse. Während sie jedoch so da stand und die Gans anschaute, bemerkte sie, daß der Kopf sich unter Wasser immer mitbewegte, wenn sie nach rechts oder links ging. Egal was sie tat, der Kopf zeigte immer in ihre Richtung, fast als würde der Vogel sie beobachten. Also blieb sie ganz still stehen und wartete eine Weile und siehe da, die doch-nicht-so-tote Gans hielt die Spannung nicht aus und gab ihr Versteck auf.
Bei so hartnäckigen Gaffern mußte sie mal schauen, was da abging. So eine neugierige Tante! Bewegte F. sich aber zu abrupt, tauchte der Vogelkopf sofort wieder unter Wasser, bis nur noch die Nasenlöcher herausschauten. Was dem Strauß der Sand, ist der kanadischen Gans das Wasser.
Übrigens dauerte der Grenzübergang nach Vermont in die USA (zum Brunchen) wieder eine halbe Stunde. Diesmal mußten A. und F. schriftlich versichern, sich zwischen 1939 und 1945 nicht an den Verbrechen der Nationalsozialisten beteiligt zu haben und durften dann pro Person noch sechs Dollar Grenzübergangsbearbeitungsgebühr zahlen. Ob nationalsozialistische Kriegsverbrecher mehr oder weniger Gebühren zahlen müssen, blieb ungeklärt.

3 Kommentare:

  1. Fairerweise solltest du nicht nur auf Leute unter 15 eingehen, sondern auch auch auf Leute über 85, denn irgendwann kehrt sich alles um und man sollte mit zunehmendem Alter nicht mehr bei rot über die Ampel gehen oder tote Tiere anfassen, weil das Risiko schon wieder viel zu hoch ist.

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  2. Wo die Manja Recht hat, hat die Manja Recht :-)
    Ausserdem solltest du unbedingt erwähnen DAS (falls) S. samt Kerl selbigen Ausflug überlebten. Schließlich kann sich dies nicht jeder mit seinem Vermieter vorstellen!

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  3. Also unsere Vermieterin ist sehr nett, wenn auch bizarr unt esoterisch. Ihre 63 Jahre (haben wir im Paß gelunscht) möchte sie nicht nennen und man merkt sie ihr auch nicht an. Sowohl sie als auch der werte Gefährte haben das WE gut überstanden, OBWOHL ich indisch gekocht habe.

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