Samstag, 16. Januar 2010

Waidmanns Heil!


Da saß man mit 330 anderen potentiellen Beamten in einem Saale. Jeder Einzelne wurde namentlich aufgerufen und bekam eine Urkunde überreicht. Danach hoben alle die rechte Hand und schworen bei Gott feierlich auf das Grundgesetz und die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Unter den Eid kam eine Unterschrift - plauz-pardauz, schon war man auf Widerruf verbeamtet. Weder klärten die anwesenden Oberstudienräte einen vorher über die Arbeitsmodalitäten auf, noch hatte man Informationen über Urlaub, Gehalt oder Ablauf des Dienstes; kein Arbeitsvertrag mit Rechten, an den die dünnen Hände sich klammern konnten. Verwundert nahm F. auf, daß das Land Baden-Württemberg es anscheinend nicht für nötig hielt, seinen zukünftigen Bediensteten zu erklären, worauf sie sich da einließen. Donnerstags entmystifizierte ein freundlicher Mensch das Rätsel: Beamte haben keinen Arbeitsvertrag, weil alle Dinge, die ihren Dienst betreffen, im Landes- bzw. Bundesgesetz stehen. Ob Besoldung, Urlaub, Ruhegehalt (die Beamtenversion der Rente, klingt viel entspannter, nicht wahr) oder Haftungsrisiken, Sämtliches ist gesetzlich festgelegt und offiziell von jedem einzusehen. Dort erfuhr F. auch, daß ihre Besoldungsgruppe AW A13 hieß und sie später nach A13 hopsen würde. Ebenso wurde noch einmal in Länge und Breite erläutert, wie unglaublich groß der Verantwortungsbereich eines Lehrers sei, ein wenig mulmig konnte einem schon werden. Das Land prüft den künftigen Bediensteten so richtig auf Herz und Nieren, bis er sich 'Beamter auf Lebenszeit' nennen darf. Nach fünf bis sechs Jahren Studium mit erstem Staatsexamen folgen 18 Monate sogenannter Anwärterdienst, durchzogen von mehreren Prüfungen und Lehrproben. Anschließend wird man für einen Zeitraum zwischen 18 Monaten und drei Jahren Beamter auf Probe. Ist man danach noch bei bester Gesundheit und besteht die weiteren Lehrproben, stellt sich einer Verbeamtung auf Lebenszeit nichts mehr in den Weg.
Bis es soweit ist, sollte man gelernt haben, langweilig und streng zu sein, Humor abzulegen, alles besser zu wissen und mit geringem Aufwand möglichst viel Geld in Empfang zu nehmen, um dem landläufigen Bild des Durchschnittsstudienrates zu entsprechen. Das richtige Alter für derartiges Verhalten hätte F. ja dann weißgott erreicht. Mit dem Rest tut sie sich momentan noch schwer, weswegen sie auch von den Mitreferendaren mißtrauisch beäugt wird. Die finden es nämlich sehr seltsam, wenn man im Pädagogikkurs auf die Frage, warum man gern Lehrer werden möchte mit "Weil ich ein Alphatier bin und gern regieren möchte." antwortet. Die korrekte Antwort auf diese Frage lautet schließlich "Weil ich gern mit Kindern zu tun habe." oder "Weil es mir so unheimlich viel Spaß macht, mit Kindern zu arbeiten." Bezaubernd. Wenn nur jenes der Referendare Bestreben wäre, dann könnten sie ja auch schwanger werden - oder Kinderarzt. Aber nein, sie entscheiden sich für den Lehrerberuf und beäugen F. argwöhnisch, wenn diese ihre Führungsqualitäten als Hauptmotivation angibt. Sicher könnte man auch Manager werden oder Oberstleutnant, denn Soldaten und Angestellte fügen sich der eigenen Autorität wesentlich williger, als Schülerinnen und Schüler. Sucht man jedoch die Herausforderung und will es wirklich wissen, stellt auch der Lehrerberuf eine Option dar. Was heißt es schon, Panzerdivisionen gegen Zivilisten führen zu können, wenn die mächtige Gefahr des Elternabends ansteht? Da kann man während des Gespräches nämlich nicht einfach mal das MG auf den Tisch legen oder ein Kärtchen mit Anweisungen für den Fall des Feindkontaktes hervorkramen. Echter Kampfgeist ist gefragt!
Das Treffen mit ärgerlichen Eltern ähnelt dem unerwarteten Wildschweinkontakt im Wald, während der Hund dabei ist. Die Bache grunzt einen drohend an, ihre Frischlinge um sich scharrend, der eigene Vierbeiner schaut interessiert, das Herz klopft, dann handelt man plötzlich festentschlossen und die Schweinemutter geht ihres Weges. Später hat man wieder allein mit den widerborstigen Jungen zu tun, die ihrer Frau Mama in Sachen Wildheit um nichts nachstehen. Den Eber trifft man zum Glück selten, denn der sitzt im Unterholz und hat mit seinen Eicheln zu tun. Waidmanns Dank!

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