Samstag, 3. Januar 2009

6h für 200km und 1 Arbeitserlaubnis


Hat man den Antrag auf die kanadische Arbeitserlaubnis bewilligt bekommen, muß man zu einem Grenzübergang, um sich selbige ausstellen zu lassen. Ein Flughafen geht dafür nicht, denn das wäre zu einfach. Man muß schon 100km bis zur US-amerikanischen Grenze nach New York fahren, ausreisen und wieder in Kanada einreisen, um das Blättchen in den Paß geheftet zu bekommen.

An der Grenze in die USA wird man schon vor dem Grenzhäuschen im Auto fotografiert. Das Gespräch mit dem Beamten im Häuschen zeichnet die vernünftige Regierung per Video auf. Nachdem der erste Beamte die Pässe und den Brief über die Bewilligung der Arbeitserlaubnis in Kanada eingehend studiert hat, behält er diese ein (!) und ein zweiter eskortiert zu Fuß das Auto zu einem nahegelegenen, von 11 Polizeiautos umgebenen Parkplatz. Dort muß man seine Autoschlüssel abgeben und wird in das Grenzgebäude geführt, an dessen Eingang natürlich eine Wache steht.

Alle Beamten haben 9 Ledertäschchen an ihren Gürteln hängen, zusammen mit einer Handfeuerwaffe, einem Metallschlagstock und einer Metalltaschenlampe. Natürlich tragen alle kugelsichere Westen, die es erstaunlicherweise auch in Übergrößen zu geben scheint (die Beamten halten wohl nicht so viel von gesunder Ernährung und Sport). Man wird mit seinem Vornamen aufgerufen und muß den Grund für das Stören an der Grenze erklären. Dann werden Fingerabdrücke beider Hände genommen und Fotos der potentiellen Eindringlinge gemacht, damit schonmal Suchplakatvordrucke als PDF-Datei im FBI-Ordner gespeichert werden können. Man wird nach dem Wirken der eigenen Großeltern im zweiten Weltkrieg gefragt. Nee, Scherz. In Wirklichkeit wird man nur gefragt, ob man eine Axt mit sich führt.

Die ganze Prozedur findet wohlgemerkt statt, obwohl man ja gar nicht in die USA einreisen, sondern nur über die Grenze und schnell wieder zurück gehen möchte, um im kanadischen Immigrationsgebäude seine Arbeitserlaubnis ausgestellt zu bekommen.

Die US-amerikanischen Beamten sind aber nun einmal extra vorsichtig, schließlich müssen sie alle Terroristen der Welt abwehren, die natürlich sicher indirekt an der drohenden Pleite von Ford und GMC schuld sind. Was die Beamten in den vielen Ledertaschen an ihrem Gürtel verstaut haben, traute F. sich nicht zu fragen, aus Angst, dann mit erhobenen Händen breitbeinig an die Wand gestellt zu werden. Wahrscheinlich sind es nur Taschentücher und Lutschbonbons. Oder Handcreme. Bestimmt aber Pfefferspray, eine Liste beleidigender Wörter auf Arabisch, ein Zertifikat über mangelnde Bildung bezüglich internationaler Angelegenheiten, ein Zettel mit einer Argumentationskette und plausiblen Ausreden, die einem aus einer möglichen Anklage wegen Folter helfen könnten, ein Snickers und eine Fernsehfernbedienung.

Nach einer weiteren kurzen Wartezeit bekommt man einen Zettel, auf dem steht, daß die Einreise in die USA verweigert wurde. Dabei wollte man ja gar nicht einreisen. Ein jähzorniger Beamter führt einen dann wieder "nach Kanada" zurück. Das Aufbegehren gegen Zollbeamte ist übrigens eine Straftat und keine Ordnungswidrigkeit. Es kann zur Inhaftierung führen. Über diese Fakten wurde der oder die Einreisende schon vorher auf großen Schildern informiert.

In der Schlange "nach Kanada" mußten F., A. und J. dann sage und schreibe anderthalb Stunden warten. Was die Wartezeit gefühlt arg verlängerte, war die Tatsache, daß kurz nach Fahrtantritt in den 50 Meter entfernten USA die Heizung und das Gebläse des Autos den Dienst versagten. Es wurde also nicht nur total kalt im Auto (der/die geschätzte Leser(in) erinnere sich an die -13°C Außentemperatur), sondern die Scheiben beschlugen auch alsbald. Deswegen mußte das Fenster geöffnet werden. Nie warteten F. und A. länger in einer Schlange...

Reifliche Überlegung und väterliche Hilfe ließen vermuten, daß fehlende Kühlflüssigkeit für den Motor die Ursache des Übels sein mußte. Solche stand im Wartebereich der Grenze leider auch nicht zum Verkauf. Man fror still vor sich hin, während die Kinder im Toyota nebenan DVD guckten.

Nach 90 Minuten waren die französischsprechenden Beamten im Zollgebäude sehr freundlich. Im unbewachten Warteraum gab es einen Kaffeeautomaten und die Beamten hatten außer einer Taschenlampe und dem Schlagstock nur noch je einen großen Stempel am Gürtel hängen. Endlich konnte F. ihre Arbeitserlaubnis in den Händen halten!

Zurück im Auto fror der Hund, der die ganze Zeit hatte warten müssen. F. und A. fuhren zur nächstgelegenen Tankstelle und füllten die Kühlflüssigkeit auf. Nachdem die Heizung auf Blitzkrieg gestellt war, ging es zackig mit 100km/h heimwärts. Nie kam einem das Apartment in der Rue de la Visitation gemütlicher vor - so ganz ohne Schlagstöcke und Kameras.

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