Samstag, 27. Februar 2010

Warnung vor dem Fische!

Viele Menschen haben sogenannte Wachhunde und damit kein Besucher erschrickt, hängen sie ein 'Vorsicht Hund!' oder auch 'Achtung, freilaufender Hund!' Schildchen ans Gartentor, um Einbrecher und Postboten gleichermaßen vor den schrecklichen Bestien zu warnen.
F. hätte auch gern solch einen Hund, aber momentan gibt es da nur J. Die hat so gar keine Beschützerqualitäten, also braucht es auch kein Schild. Unglücklicherweise besteht damit jedoch die Gefahr eines ungeahndeten Einbruchs. Mitglieder verwerflicher Bevölkerungsgruppen mit rassistischem Einschlag würden das in F.s Wohnlage als besonders schlimm empfinden, da sie in einem Stadtteil mit hohem Ausländeranteil wohnt. Eines der größten Hobbys von Menschen mit Migrationshintergrund soll schließlich sein, sich das Hab und Gut anderer Leute - vornehmlich unbescholtener, hart arbeitender Deutscher - unter die unmanikürten Nägel zu reißen. Befände ein solcher ausländerfeindlicher Mensch sich in F.s Position, bräuchte er neben J. auch noch einen fleischfressenden Dinosaurier, um die Wohnung adäquat bewacht zu wissen.
Es ist nun aber eine Wonne festzustellen, daß F. dem Rassismus nicht nur nicht nahe steht, sondern ihm auch freudigen Blickes spitze, schwere und stumpfe, noch schwerere Gegenstände ins Genicke werfen würde, wenn er eine Person aus Fleisch und Blut wäre. Isser aber nicht. Rassismus ist ein Konzept, eine Idee, eine Schande auf dem Angesicht des sonst durchschnittlich sehr ansehnlichen Planeten. Man kann ihm nicht einfach mal so eins auf den Deckel hauen und der Typ lernt dann seine Lektion. Rassismus ist viel unbequemer beizukommen, als zum Beispiel einem schurkigen Siebtklässler, der immer seine Hausaufgaben vergißt. Wo F. dem Siebtklässler in der Regel ganz klassisch zehn Schläge mit der Rute auf die Finger haut, daß es pfeffert, kann sie in Sachen Rassismus nur bei sich selbst aufpassen und darum hoffen, daß andere Leute ähnlich vernünftige Ideen haben. Mit gutem Beispiel vorangehen und die Augen offenhalten!
Aus diesem Grunde schafft F. sich in Kürze keinen übertriebenen Raubsaurier an ,um das traute Heim zu bewachen, sondern hat sich für einen friedlichen Riemenfisch entschieden. Der besitzt zwar keine Zähne, wird aber bis zu elf Meter lang und kann etwaige Invasoren prima im Ganzen verschlucken. Sie plant, die gesamte Wohnung bis auf ein Zimmer für den Hund in ihrer Abwesenheit mit Wasser zu füllen. So kann der Riemenfisch optimal patroullieren. Öffnet ein - wahrscheinlich deutscher - Einbrecher unbefugterweise die Tür, fließt zwar das gesamte Wasser aus der Wohnung und der arme Wachfisch erstickt, durch den Todeskampf setzt das Hirn des gepeinigten Tieres aber auch Adrenalin frei, was es aggressiver werden läßt. In den letzten Sekunden seines Lebens würde der Riemenfisch den Dieb mit Haut und Haar verschlingen! Herd und Laptop, Kosmetikartikel und Wertgegenstände wären in Sicherheit! 
Natürlich müßte man nach jedem erfolgreich abgewehrten Einbruch einen neuen Riemenfisch aus der Tiefsee besorgen... da aber noch niemals eingebrochen wurde, spielt dieses Risiko kaum eine Rolle. F. läßt nächste Woche gleich das neue Schild für die Tür anfertigen: 'Warnung vor dem Riemenfisch!'

Dienstag, 23. Februar 2010

Müssen Arme auch wiedergekäut werden?

Unbegründete Ängste gibt es viele an der Zahl. F. zum Beispiel füttert sehr gern willige Kühe mit auf der Wiese gepflücktem Löwenzahn und weil die Viecher so schön weich sind, streichelt sie sie dann auch hin und wieder an der Wange. Keine Fütterungssession verging bisher, ohne daß F. sich insgeheim vorstellte, die Kuh könne sich schwuppdiwupp umentscheiden und statt ins leckere Grün zu beißen, der gutmeinenden Fütterin die Hand abfletschen. Da Kühe ihren Aggressionen in der Regel durch stoisches Gucken mit Glotzeblick oder wenn es ganz hart kommt auch mal mit einem herzhaften Tritt Ausdruck verleihen, ist diese Angst jedoch gänzlich unbegründet. Wer hätte denn schon einmal von einem Rindvieh gehört, das Passanten mit seinen Zähnen zu Leibe rückt? Sicher niemand. Und doch: Ein kleiner Teil in F. sieht jedes Mal, wie gelbliche Zähne in ihren sommersprossigen Arm sinken.
Oder nehmen wir das Autofahren: Auch wenn sie sich niemals etwas Verkehrwidriges zu Schulden kommen läßt, wird F. doch arg nervös, sobald ein Polizeiauto auftaucht. Sie leidet an der schlimmen Furcht, die Polizisten könnten merken, daß sie unsauber schaltet und schlecht rückwärts einparken kann. So beobachtet sie den Streifenwagen besonders scharf, obwohl noch von keinem Ordnungshüter berichtet wurde, der Fahrzeugführer auf dem Reweparkplatz probehalber in enge Lücken einzufädeln aufforderte. "Zwanzig Einparkzüge und Sie stehen immer noch 30 cm von der Bordsteinkante weg - das macht 40 Euro," schallt es leise in F.s Kopf. Eine haltlose, wie schweißtreibende Befürchtung.
Beim bevorstehenden Unterrichtsbesuch der Fachleiterin verhält es sich nicht anders, auch hier bizarre Vorstellungen unwahrscheinlicher Natur. Könnten nicht die sonst so eifrig mitarbeitenden Schüler plötzlich verstummen? Der Polylux ex- oder implodieren? Oder die Kinder beim Austeilen der Arbeitsblätter gleich der aggressiven Kuh ihre Milchzähne ins Handgelenk der Lehröse bohren? Unwahrscheinlich, aber doch nicht unmöglich. Falls es passierte, könnte man immernoch einen Blogeintrag dazu verfassen. Später also mehr.

Montag, 1. Februar 2010

O.B. nimmt die Regel da auf, wo sie passiert: im Schrebergarten.

Seit heute geht F. fast jeden Tag in die Schule und hängt mit 100 anderen Lehrern kaffeetrinkend und über die unfähigen Schüler lästernd im Lehrerzimmer ab. Dafür wird sie natürlich viel zu gut bezahlt. Richtig arbeiten müssen Lehrer eh nur bis spätestens mittags, danach ist Feierabend, zu dem man sich auf die von hart schuftenden Steuerzahlern finanzierte Ledercouch im heimischen Wohnzimmer bettet. Mit der Fernbedienung in der Hand schaut der Lehrer dann qualitativ minderwertige Sendungen an und schimpft nebenher über die Eltern, die ihre Kinder nicht richtig im Griff haben.
Blöderweise herrscht an F.s Schule verkehrte Welt. Es gibt Nachmittagsunterricht, der bis 17:15 Uhr geht und der Schulleiter waltet gewissenhaft seines Amtes. Ein Ledersofa besitzt F. schon, das gehört aber dem Vermieter. Fernseher inklusive Fernbedienung fehlen auch, weswegen sie sich mit J. auf den Sessel quetscht und dieser die Unarten der Kinderlein ins Schlappohr pustet. Da der Hund seligerweise wie immer nur Bahnhof versteht, fühlt F. sich gleich wieder an eben jene Schüler erinnert. Die Arbeit verfolgt einen überall hin!
Außer zum Gassigehen natürlich, da trifft man niemals Kinder und Jugendliche. Welcher ordentliche 15jährige geht bei diesem Wetter schon vor die Tür außer um Drogen oder neue Kleidung einzukaufen? Richtig, kein einziger. So begegnen F. und J. im Wald in der Regel nur ausgewachsene Menschen und Hundehalter. Auf der steilen Treppe den Berg hinauf läßt sich meistens gar niemand blicken. Einsam schritten die Beiden auch am Samstag dort entlang, als F.s Blick große Blutflecke im Schnee entdeckte. J. schnüffelte interessiert, schickte sich aber nicht an, vom Blute zu kosten. Kombiniere, kombiniere, es handelte sich somit wahrscheinlich nicht um Tierblut! Dafür sprach auch, daß menschliche Fußspuren vom Blut wegführten, begleitet von weiteren roten Flecken. Die Spuren verliefen bis zu einem Schrebergartentor, unter dem unmöglich ein Tier durchgepaßt hätte und gingen hinter selbigem noch an die 100 Meter weiter, bis F. sie in der Ferne aus den Auge verlor. Die roten Stellen mit Blut leuchteten weit und waren zahlreich - ungefähr alle 30 Zentimeter ein größerer Fleck.
Vor F.s innerem Augen spielten sich dramatische Gewaltverbrechen in der samstäglichen Stille der Schrebergartenanlage ab. Das Ereignis konnte noch nicht lange her sein, hatte es doch über Nacht geschneit. Sollte hier wirklich ein Bösewicht sein unschuldiges Opfer mit scharfer Klinge angefallen und im naheliegenden Garten deponiert haben? Oder hatte sich doch nur ein ältlicher Schwabe unter benachteiligender Einwirkung von Blutverdünnungsmitteln in den Finger geschnitten, während er im ertragreichen Monat Februar die ersten Zwiebeln erntete? Am Ende war hier vielleicht lediglich eine stark menstruierende, nackte Frau in hohen Winterstiefeln vorbeigeeilt - peinlich überracht von der plötzlich einsetzenden Regelblutung.
Kurz kam F. der Gedanke, mal eben nachschauen zu gehen, wo die Blutspur endete. Unbefugt in fremden Gärten herumlaufen wollte sie aber auch nicht, schon gar nicht ohne Handy. Schließlich kennt jeder die berühmte Situation in gefährlichen Filmen: Ahnungslose Person X befindet am Eingang zu Ort Y. Spannende Musik erklingt. Der Zuschauer schreit dem Protagonisten innerlich zu, er solle das verhängnisvolle Gelände doch lieber nicht betreten! Vergeblich! X ignoriert jede Warnung in Form klanglich-düsterer Filmuntermalung und latscht ins Verderben. 'Da wäre ich NIE und NIMMER reingegangen,' quäkt vorm Bildschirm besserwissend der Zuschauer. Weil F. dies im wirklichen Leben nicht passieren sollte, ging sie nicht in die Gartenparzelle. Vielleicht liegt dort nun immernoch eine Leiche, vielleicht aber auch nur kleine Tamponfolierestchen der schamgepeinigten Dame. Wissen kann man das nicht.