Dienstag, 14. Oktober 2008

Bei Goebbels unter'm Sofa


A., F. und J. teilen sich eine 2-Raumwohnung. Wie viele Wohnungen hier, hat auch diese Heimstatt einen separaten Eingang. Es gibt also für das Mehrfamilienhaus kein Treppenhaus, von dem dann Wohnungstüren abgehen, sondern jede Wohnung besitzt ihre eigene Tür zur Straße hinaus, man fühlt sich ein bißchen, als bewohne man ein klitzekleines Einfamilienhäuschen. Die Tür ist weiß und hat einen Briefschlitz, es gibt keinen Postkasten.
Nach der Eingangstür folgt ein winziger Raum mit Terracottafliesen, dann eine weitere Tür direkt in die Wohnung. Der Flur ist lang und dünn, verbreitert sich aber nach 3 Metern von 1,50 auf 2 Meter. Zuvor geht rechts die Tür zu F.s Zimmer ab, in dem auch geschlafen wird. Es gibt einen riesigen begehbaren Kleiderschrank, der zu ¾ voll mit F.s und nur zu ¼ mit A.s Kleidung belegt ist. In der Ecke steht eine Kommode, die Unterwäsche beherbergt und komisch riecht, zwei Fakten, die keinesfalls als kausal zusammenhängend verstanden werden sollen. Das Fenster ist vergittert und geht direkt auf den Bürgersteig hinaus.
Im breiteren Teil des Flures steht rechts eine schöne rote Kommode, deren Schubladen gerne beim Öffnen beinahe herausrutschen und ihren Inhalt gut zugänglich auf dem Boden verteilen. Links befindet sich die Tür zur Abstellkammer. In dieser wiederum ist links versteckt eine kleine, von A. und F. erst vor ein paar Tagen entdeckte Tür, die hinunter in den Keller führt. Der Keller ist unsagbar ungemütlich, fensterlos und eignet sich hervorragend, um darin Kinder und Jugendliche einzusperren und jahrelang von ihrer Schulbildung fernzuhalten. Zum Glück steht das Haus aber in Kanada und nicht in Österreich, sodaß niemand außer den Strom- und Wasserzählern im feuchten Erdloch hausen muss.
Nach der roten Kommode folgt rechts die Tür zum Bad, dessen Fliesen von einem blinden, arthritiskranken Riesen mit nur drei Fingern verfugt wurden. Die Fugenmasse wurde augenscheinlich auch gleich anstelle von Silikon verwendet, um den Badewannenrand abzudämmen. Die Abwaschbarkeit dieser Konstruktion läßt stark zu wünschen übrig, da man Gefahr läuft, gleichzeitig auch die nichtgetrocknete Fugenmasse mit zu entfernen. Das Bad bleibt also besser ungeputzt.
Da wo der Flur aufhört, fängt A.s Zimmer, auch als Wohnzimmer genutzt, an. Links steht ein Tisch Modell Norden mit 4 Stühlen, rechts an der Wand, direkt gegenüber der Verandatür ein unsagbar hässliches Sofa, dessen mangelnde Schönheit notdürftig mit einer Ikeadecke kaschiert wurde. An das Wohnzimmer schließt sich direkt die Küche an, die durch leichtes beige erfrischt. Der Kühlschrank hat die Größe eines überdimensionalen Kleiderschrankes und könnte einer Flüchtlingsfamilie als Übergangsbleibe dienen. Zur Zeit beherbergt er aber nur einige Speisen und 3 tiefgefrorene, legal erworbene Truthähne zu je 4 kg. Der Herd vereint Faszination und Nostalgie in einem Gerät. Es gibt keine Kochplatten sondern nur 4 Stellen mit geringelten Heizstäben. Unter einer dieser Stellen befindet sich ein Loch, welches vom Heizstab des darunterliegenden Backofens nach oben durch die Metalldecke hindurchgebrannt wurde. Eine Konstruktion, die durchaus zum Schmunzeln anregte, wäre F. nicht so eine ernsthafte und griesgrämige Person.

Die Wohnung ist sehr schön, mit 600 Dollar kalt sehr billig und außerdem ausgezeichnet mitten in der Stadt in einem ansprechenden Viertel mit ungefähr 75% schwulen Einwohnern gelegen. Der Boden ist aus Parkett und die Heizung funktioniert gut. Hier können A., F. und J. gemütlich überwintern.

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